Allendorfer Köpfe, „Twiäsbraken“ und Filous

Eine Auswahl bemerkenswerter Allendorfer aus der Geschichte. Mit Freude zusammengestellt und mit dem Wissen, dass es noch viel,

viel mehr bemerkenswerte Allendorfer gab und gibt.

 

Clemens Duwenheuer

Clemens Duwenheuer wurde 1587 bei der Abpfarrung Allendorfs von der Mutterkirche Stockum erster Pfarrer von Allendorf, nachdem er als Vikar bereits in Allendorf tätig gewesen war. 1600 wurde er von Kirchenräubern ermordet. Bürgermeister Thomas Nölle schreibt dazu 1831 in seiner Chronik: „ ... denn während der Administration des Duwenheuer wurde die Kirche von verwegenen Kirchenräubern einer Monstranz, mehrerer Kelche und sonstiger Paramente beraubt. Was aber dem Kirchenraub eine besonders hässliche Seite gibt, ist, dass dabei der gute Duwenheuer auf die scheußlichste Weise sein Leben verlor, denn die Räuber, um ihren Raub ungestörter durchführen zu können, erhängten ihn auf seiner Schlafstube mit einer eisernen Kuhkette, und um dieser Tat das Merkmal ihrer schwarzen Seele noch mehr aufzudrücken, verunstalteten sie noch dazu die Leiche des Biedermannes, indem sie ihr eine Weiberschürze vorbanden. Doch der Lohn für ihre schwarze Tat ereilte die Bösewichter auf dem Fuße, denn als sie mit ihrer Beute in Attendorn eine Herberge nahmen, fand das Hausmädchen zufällig die geraubten Gegenstände. Der Sitte der damaligen Zeit gemäß hingen wenige Tage nachher die Kirchenräuber am Galgen auf dem Rappelsberge nahe Attendorn.“

 

Friedrich Ferdinand Leinen

Leinen war von 1760 bis 1789 Pfarrer in Allendorf und gründete die Allendorfer Lateinschule, die Seibertz im 19. Jahrhundert in seinen „Beiträgen zur Geschichte Westphalens“ als das

„Allendorfer Gymnasium“ bezeichnete. Es wird berichtet, dass zeitweise über 60 Schüler aus dem gesamten Herzogtum Westfalen die Lateinschule Leinens besuchten. Der Unterricht wurde zeitweise verboten, aber das Verbot wurde später wieder aufgehoben, „ ...weil ein Geistlicher, der einen Teil seiner Schulbildung bei Leinen genossen hatte, in Köln wegen seiner schulischen Leistungen so sehr auffiel, dass man Näheres über seinen früheren Unterricht wissen wollte. Der Geistliche schilderte die Verdienste Leinens so sehr, dass der Kurfürst dem Pfarrer Leinen nicht nur erlaubte, die Jugend zu unterrichten, sondern ließ ihm ein eigenhändiges Schreiben und ein Fässchen besten Weines überbringen.“ So berichtet Bürgermeister Thomas Nölle in seiner Chronik von 1831.

 

Friedrich Clute-Simon (1762 – 1842)

Der Allendorfer Fuhrmann Friedrich Clute-Simon transportierte 1794 im Auftrag des Kölner Domkapitels den Kölner Domschatz und die Gebeine der Heiligen Drei Könige von Köln vor den anrückenden Franzosen nach Kloster Wedinghausen in Arnsberg. 1803 brachte Clute-Simon den Domschatz mit dem Schrein der Heiligen Drei Könige dann auch wieder von Arnsberg in die Domstadt am Rhein. An der Sunderner Heimatkrippe ist der Allendorfer Fuhrmann als bedeutender Bürger der Stadt Sundern mit seinem Pferdefuhrwerk dargestellt.

 

Joseph Cramer (1785 – 1841)

Joseph Cramer wurde 1822 einstimmig in Eslohe zum Pfarrer und Schulinspektor gewählt, nachdem er zuvor Pfarrer von Schliprüthen gewesen war. „Cramer war ein rühriger und unternehmungslustiger Mann. Sein Hauptverdienst um die Gemeinde ist die Wiederherstellung der Ordnung beim Gottesdienst, die vor ihm sehr in Verfall geraten war. Seine Bildung war leider in die glaubensarme Zeit nach den Stürmen der französischen Revolution gefallen, was auf sein seelsorgerisches Wirken nicht ohne Einfluss blieb.“ So berichtet die Esloher Forschung I. (Rudolf Franzen, 1993)

 

Thomas Nölle

Der gebürtige Soester wurde 1831 nach 13-jähriger Militärzeit vom Königreich Preußen als Bürgermeister von Allendorf eingesetzt. Dieses Amt übte er bis 1842 aus. Ihm verdanken wir eine ausführliche Stadtchronik über Allendorf und anschauliche Schilderungen in deftiger Sprache über die damaligen Zustände in unserer Titularstadt. Wohl gefühlt hat sich der preußische Protestant unter den kurkölnischen Katholiken in Allendorf offensichtlich nicht. Das wird in seinen Schilderungen über die Zustände häufig deutlich.

 

Christoph Grothof (1805 – 1895)

Er war ein Priester für offensichtlich schwierige Aufgaben. Der Generalvikar bestellte den jungen Priester zu sich und gab ihm mit knappen Worten seine neue Aufgabe bekannt: „Sie sind Bauernsohn? Sie verstehen etwas von der Landwirtschaft? Wird gut sein! Sie gehen nach Berghausen. Sehen Sie zu, ob die Pfarrei noch zu retten ist. Es ist der letzte Versuch!“

Grothof erhält also den „Marschbefehl“ nach Berghausen im Schmallenberger Sauerland. Befehle war er gewohnt, war er doch 4 Jahre im Garderegiment in Berlin Soldat und Ehrenposten bei der Heirat des späteren Kaisers Wilhelm I. In Berghausen brauchte er seine Beharrlichkeit und sein Durchsetzungsvermögen über Jahrzehnte, um die Bewohner davon zu überzeugen, dass geordnete Land- und Forstwirtschaft besser ist, als den Schafen und Ziegen die Feldflur zu überlassen. Grothof versäumte keine Gelegenheit, auf die Missstände im Ort hinzuweisen. Seine „Schafs-Predigten“ waren bald im Sauerland bei seinen Mitbrüdern bekannt. Seine Konsequenz im Reden und Handeln hat ihm Recht gegeben. Nach und nach hatte er die Berghauser von der modernen Land- und Forstwirtschaft überzeugt. Als er 90-jährig starb, war er längst ein hoch verehrter und geachteter Priester und Volkswirt weit über Berghausen hinaus.

 

Kaspar Joh. Grothof (1832 – 1899)

Gymnasial-Professor und Priester in Heiligenstadt / Eichsfeld. Als Junge wuchs er überwiegend bei seinem Onkel Christoph Grothof in Berghausen auf. Das Abitur absolvierte er in Paderborn. Dort wurde er auch 1856 zum Priester geweiht. Seine Primiz allerdings feierte er nicht in Allendorf, sondern in Berghausen.

Im Eichsfelder Marienkalender von 1901 wurde ein Nachruf veröffentlicht:

“In Heiligenstadt entfaltete er eine langjährige, segensreiche Wirksamkeit, indem er fördernd und anregend, bildend und begeisternd auf seine Schüler einwirkte. Sehr viele Geistliche des Eichsfelds sind seine Schüler gewesen und bewahren ihm in Liebe ein gesegnetes Andenken. Die Ferien verlebte er in Berghausen im Zusammensein mit seinem Onkel, dem er immer eine große Verehrung und Dankbarkeit bewies. Wegen seiner ungewöhnlichen Leibesfülle und körperlichen Vollendung trat er 1893 in den wohlverdienten Ruhestand. Professor Grothof war ein Mann von liebenswürdigem Charakter und heiterer Zufriedenheit, der in hohem Maße die Gabe des Erzählens besaß. In seiner Gesellschaft vergaß man leicht Sorgen und Leid. In den letzten Jahren besuchte er mit gutem Erfolg die berühmte Kneipp’sche Kuranstalt in Olsberg, wo der ‚Onkel Professor’ stets ein sehr gern gesehener Gast war. Für Arme und Notleidende, für Soziale und kirchliche Zwecke hatte er stets ein warmes Herz und eine offene Hand; für manchen armen Gymnasiasten hat er das Schulgeld bezahlt und manche Tränen der Not getrocknet. Biederkeit und Geradheit, Berufstreue und unerschütterliche Liebe zur heiligen Kirche haben auf seinen Sarg den Lorbeerkranz des Verdienstes gelegt.“

 

Johann Georg Schmidt (1824 - 1881)

Der „Lügen-Schmidt “ oder „Lügenpastor“, das waren die Beinamen des bekannten Geistlichen aus Allendorf, der als Seelsorger in Allagen, Callenhardt, Canstein, Werl und zuletzt in Calle tätig war. Wegen seiner liebenswürdigen Flunkereien war er auf der Haar und im Sauerland bekannt und „berüchtigt“. Seine „Lügen“ wurden überall erzählt und sind von seinem Studienfreund schriftlich und im Volksmund mündlich überliefert. Er war ein Freund des Sauerländer Dichters Friedrich Wilhelm Grimme, dessen Großvater aus Allendorf stammte. Mit Grimme gründete er die Studentenverbindung „Sauerlandia“ in Münster und durchzog mit ihm das Sauerland. Grimme erzählt in seinem Werk „Lank un twiärß düart Land“ von seinem Freund „Heck“, dessen wahre Identität „Lügen-Schmidt“ war. Schmidt hatte so manches ausgeheckt. Nomen est Omen!

 

Dr. Theodor Canisius (1826 - 1885)

Sohn des damaligen Dorflehrers in Allendorf. Canisius wanderte nach der „Allendorfer Revolution von 1848“ nach Amerika aus, weil er als glühender Verfechter der Demokratie seine politischen Vorstellungen im damaligen Deutschland nicht umsetzen konnte. Er wurde Zeitungsverleger und gründete 1859 mit Abraham Lincoln, dem späteren Präsidenten der USA, die Parteizeitung „Illinois Staatsanzeiger“. Mit seiner Presse unterstützte er konsequent die republikanische Linie von Lincoln. Als dieser Präsident geworden war, wurde Canisius 1861 Botschafter der USA in Wien. 1866 wechselte er in den diplomatischen Dienst der USA nach England, vertrat die USA im Norddeutschen Bund und war zuletzt Botschafter auf Samoa. 1885 starb Canisius in Aurora in Illinois.

 

Professor Dr. Norbert Peters (1863 - 1937)

Ein bedeutender Theologe seiner Zeit, der bereits 6 Wochen nach seiner Promotion zum Professor der alttestamentlichen Exegese an der „Bischöflichen philosophisch-teologischen Lehranstalt“ in Paderborn berufen wurde. Seine damals sehr fortschrittliche, fast revolutionäre Auslegung des Alten Testamentes stieß auf heftige Kritik in der Theologiewissenschaft. Peters musste aufgrund seiner Auffassung, die er in über 30 wissenschaftlichen Büchern und Schriften niederschrieb, viel Bitterkeit und persönliche Enttäuschungen hinnehmen. Er blieb aber seiner Linie treu. Im Laufe der Jahre setzte sich jedoch seine Auslegung des Alten Testamentes bei allen Theologen durch. Dr. Peters wurde 1921 zum Domkapitular ernannt. Peters bezeichnet sich selbst vom Charakter her als belastet mit dem Erbtemperament der Peters. „Hai hiärt en Päiterskopp!“, so hieß es im Volksmund bei vielen seiner Verwandten. „Da ich die Peters’sche Leidenschaft für Recht und Wahrheit geerbt habe, ist mir der Jähzorn oft genug der Vater für Unbedachtsamkeiten gewesen“, so schrieb er in seinen Lebenserinnerungen. Ein Allendorfer Twiäsbraken, der sich selbst treu geblieben ist. In der Auslegung des Alten Testamentes war er mit seinen Gedanken seiner Zeit weit voraus. Lesen Sie mehr über Prof. Peters in dem Artikel „ …Prof. Dr. Norbert Peters, ein Wissenschaftler von internationalem Ruf“ von Michael Schmitt, Pfarrer in Sundern und Initiator der Sunderner Heimatkrippe, auf Seite ….

 

„Potts Mömpel“, Franz Peters (1874 – 1949)

„Potts Mömpel“ war ein Dorforiginal. „Mömpel“ verdiente seinen kargen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten. Als Amateurfotograf „knipste“ er unter seinem schwarzen Tuch so manches Familienfoto. „Dat giet en schoin Billeken“, versicherte er nach dem Auslösen der Kamera dann mehrmals wiederholend seinen Kunden.

Bei Feierlichkeiten spielte er mit „Caramba Anton“ zur Unterhaltung und zum Tanz auf. Das Bandoneon war sein Instrument, während „Caramba Anton“ auf der Teufelsgeige musizierte. Wenn „Mömpel“ in Vertretung des Lehrers die Orgel spielte, machten sich die Kinder, die den zum Orgelspiel notwendigen Blasebalg pumpen durften, einen Spaß daraus, „Mömpel“ zu irritieren. Mal traten sie von hinten auf die Fußpedalen der Orgel und erzeugten so falsche Töne. Mal „vergaßen“ sie, die Luft in den Blasebalg zu pumpen, so dass sich der Blasebalg leerte und für kurze Augenblicke das Orgelspiel mit einem klagenden Seufzer erstarb.

Neben seiner Vorliebe für Frauenkleidung wird ihm hartnäckig nachgesagt, dass er „schichtern“ konnte. Mit seinem „Zweiten Gesicht“ sah er Todesfälle in den Familien voraus. Er stellte sich ein oder zwei Tage vor einem Sterbefall fröstelnd vor das Haus, in dem er einen Todesfall „voraussah“. Man wurde deshalb skeptisch und argwöhnisch, wenn „Potts Mömpel“ sich ohne erkennbaren Grund länger vor einem Haus aufhielt.

Im Herbst und Winter zog er mit seinem Sauerkrautschaber von Haus zu Haus, um aus „Kappesköppen“ Sauerkraut zu schaben. Sein Markenzeichen war der stete Tropfen an seiner Nasenspitze, der die Hausfrauen veranlasste, beim Schaben des Kohlköpfe stets mit einem Taschentuch aufmerksam helfend zur Seite zu stehen, um Schlimmeres zu verhindern.

 

Franz Nühse (1877 - 1957)

Dechant Franz Nühse wurde von den 65 Solstätteninhabern in Allendorf in Ausübung ihres Pfarrerwahlrechtes 1926 zum Pfarrer von Allendorf gewählt. Dort blieb er 31 Jahre bis zu seinem Tod 1957 tätig. Besonders in Erinnerung geblieben sind sein Wirken als Hirte und Seelsorger in der Gemeinde. Dies wurde in besonderem Maß in seinem Tun und Handeln in den letzten Kriegstagen im April 1945 deutlich, als Allendorf bombardiert wurde und viele Tote und Verletzte zu beklagen waren. Über seinen selbstlosen Einsatz für die Verletzten und die Hinterbliebenen in dieser Zeit wird heute noch mit großem Respekt gesprochen. Zum Tod von Franz Nühse schrieb der Pfarrer der Allendorfer Patengemeinde Bad Düben in Sachsen: „In der Todesanzeige wird die väterliche Liebe und Güte gerühmt. Ja, das kann ich auch bestätigen. Ich habe mich des Öfteren gewundert, dass Allendorf mit einer rührenden Liebe an uns denkt. Nun ist es mir klar, von wem die Güte ausgegangen ist. Vom guten Hirten in Allendorf …“

 

Joseph Clute-Simon (1881 - 1948)

Joseph Clute-Simon feierte 1907 seine Primiz in Allendorf und war als Pfarrer in Meggen tätig. Ihm verdanken wir die wunderschöne Anekdote über die „Allendorfer Revolution von 1848“, in der erzählt wird, wie die freien Allendorfer Bürger gegen das „Haus Amecke“ zogen, um sich ihre Flinten zurückzuholen, die ihnen der Förster vom Amecker Gut hatte abnehmen lassen. Die Geschichte haben die Allendorfer anlässlich des ersten historischen Schnadeganges 2002 nach Amecke mit viel Begeisterung nachgespielt.

Johannes Sauer (1882 - 1962)

Der Kaufmann Johannes Sauer wurde 1961 vom Rat der Stadt Allendorf zum Ehrenbürger ernannt. Damit wurden seine großen Verdienste gewürdigt, die er als hoch geachteter und rechtschaffener Bürgermeister von Allendorf sich in drei Amtszeiten (1924 – 1930; 1933 – 1934; 1945 – 1948) erworben hatte.

 

Schwester Kunibalda (1890 – 1971)

Die Kindergartenschwester wurde 1971 zur Ehrenbürgerin der Stadt Allendorf ernannt. Damit dankte die Stadt Allendorf ihr für 35 Jahre uneigennützige und liebevolle Tätigkeit im Allendorfer Kindergarten. Die Olper Franziskanerin nahm die Ernennungsurkunde vom Rat der Stadt entgegen, in dem Ratsvertreter saßen, die sie fast alle bereits im Kindergarten betreut hatte.

Mater Dolorosa, geb. Anna Maria Schmidt (1891 - 1971)

Schwester Dolorosa wurde 1953 zur Generaloberin der Salvatorianerinnen mit Sitz in Rom gewählt. Dort war sie gern gesehene Gesprächspartnerin von Papst Pius XII., der lange Jahre päpstlicher Nuntius in Deutschland war und gern deutsch sprach. Sie war vorher lange Jahre in der Krankenpflege in Meran und Wien tätig, bevor sie mit Leitungsaufgaben im Orden betraut wurde. In dieser Zeit ordnete sie die Strukturen des Ordens in Brasilien neu. Mater Dolorosa hat aufgrund ihrer Kontakte zu Pius XII. die denkwürdige Begegnung eines Seidfelder Soldaten mit dem damaligen Papst herbeigeführt.

 

Anton Cramer (1901 – 1984)

„Hessen Bello“, wie er in Allendorf genannt wurde, wanderte 1925 nach Amerika aus und erlebte dort Höhen und Tiefen, wie man es sich kaum vorstellen kann. Über 10 verschiedene berufliche Tätigkeiten führte er aus. Er besaß kurze Zeit Ölfelder im Süden, verspielte die Öldollars beim Pokern, war als Tellerwäscher in Chicago und als Stalljunge auf einer Hühnerfarm. 1941 wurde er in den Spionagefall „Pastorius“ der Nazis verwickelt, die 1941 mit zwei U-Booten an Amerikas Ostküste anlandeten. Alle Beteiligten wurden festgenommen und zum Tod oder „lebenslänglich“ verurteilt. „Bello“ wurde zunächst zu 45 Jahren Gefängnis und 10.000 Dollar Geldstrafe verurteilt. Wie er dann doch freigesprochen wurde und mehr über seine Lebensgeschichte als Auswanderer, die er im Gefängnis als Buch aufgeschrieben, lesen Sie im "Allendorfer Lesebuch".

 

Dr. Norbert Honigmann (1908 - 1988)

Dr. Norbert - „Benno“ - Honigmann war nicht nur erfolgreicher Arnsberger Rechtsanwalt und Notar. Sein Name ist auch untrennbar verbunden mit der Aufwärtsentwicklung des Schützenwesens im Sauerland. Als langjähriger Hauptmann der Arnsberger Bürgerschützengesellschaft hat er den Schützenbrüdern in der „Perle des Sauerlandes“ wesentliche Impulse gegeben. Aufgrund seiner Verdienste wurde er zum stellvertretenden Kreisoberst und zum Ehrenvorstandsmitglied ernannt. Seine plattdeutschen Ansprachen in seiner Funktion als Schützenbruder waren eines seiner Markenzeichen.

Hilfsbereit gegenüber jedermann war er in juristischen Dingen. Menschen allerdings, die sich bei ihm mit Schlitzohrigkeit einen unentgeltlichen juristischen Rat – so nebenbei – holen wollten, begegnete er ebenso schlitzohrig. Als er beim Dämmerschoppen bei Clute-Simon am Stammtisch in einer solchen Absicht angesprochen wurde: „Norbert kann iek diek mohl wat frogen?“, konterte er: „ Frogen kannste de miek, owwer wenn iek dey antworten sall, dann wiärt dat duier!“ Von da an war die kostenlose Notarberatung am Stammtisch kein Thema mehr.

 

Elisabeth Girhards (1909 – 1972)

Als „Nähtante“ war Elisabeth Girhards in Allendorf als immer fröhliche und gut gelaunte Schneidermeisterin bekannt und beliebt. Durch ihre Kinderlähmung ließ sich die energievolle und sehr gläubige Frau nicht behindern. Allendorf war ihr ans Herz gewachsen, und so dichtete sie in plattdeutscher Sprache eine Reihe von Gedichten und konnte unzählige „Rippräppkes“ erzählen. Pastor Josef Müller schreibt im „Allendorfer Antoniusboten“ 1972: „Überall, wo es Not tat, machte sie sich nützlich. Sie beaufsichtigte die Borromäus-Bücherei, kümmerte sich um die Paramente in der Kirche, nähte im Winter für Kinder in Waisenhäusern, verschickte Pakete an Kriegsgefangene und Notleidende in der Ostzone und teilte ihre Nähstube lange Jahre mit Flüchtlingen und Evakuierten.“

 

Pater Leonard, - Fritz Gerke (1911 - 1973)

„Nagelschmieds Fritz“, wie er in Allendorf genannt wurde, war als Missionar der Salvatorianer in vier verschiedenen Erdteilen tätig. In Macao/China bildete er von 1949 -1954 junge Anwärter für das Priesteramt aus. In den USA - vor den Toren Washingtons - dozierte er 1961 als Professor Dogmatik und promovierte in englischer Sprache zum Dr. der Theologie. Ab 1966 war er Berater des Ordensgenerals in Rom für Fragen des II. Vatikanischen Konzils. 1970 wurde er Generalsekretär des Ordens und besuchte in dieser Funktion Südamerika und Afrika. 1966 weilte er nach 40 Jahren zum ersten Mal wieder in Allendorf und unterhielt sich mit seinen Allendorfer Freunden im „Ollerper Platt “ nach 40 Jahren ebenso flüssig, wie er Latein, Griechisch, Englisch, Französisch, Italienisch und Chinesisch beherrschte.

„Thank you, Father Leonard“, sagte eines Tages ein Mann nach dem Empfang der hl. Kommunion, die Pater Leonard in der Allendorfer Kirche austeilte. Es stellte sich heraus, dass der Mann ein Salvatorianerpater in Zivilkleidung war, der auf seiner Deutschlandfahrt in Allendorf übernachtete und bei der Sonntagsmesse unvermutet seinem alten Lehrer aus Lanham (USA) begegnete, so berichtet Pastor Josef Müller 1976 im „Antoniusboten“.

Auch an ökumenische Gespräche im Pfarrhaus erinnert sich Pastor Müller im Antoniusboten: „Unvergesslich sind die ökumenischen Gespräche im Pfarrhaus und Pfarrgarten, an denen Pater Leonard, Pater Heinz Erhardt, ein Missionar der Weissen Väter aus Rwanda in Zentralafrika, Pfarrer Wilhelm Widdershoven aus Maastricht, der anglikanische Pfarrer Howard Leveth aus London und der Allendorfer Pastor beteiligt waren. Pater Leonard war dabei der richtige Dolmetscher hinsichtlich der Sprache und der „Verständigung“.

 

Dr. Josef Droste (1911 - 1991)

Der Apostolische Protonotar und Domkapitular Dr. Josef Droste war unter Erzbischof Lorenz Kardinal Jäger von 1963 bis 1973 Generalvikar der Erzdiözese Paderborn. In seine Amtszeit fiel das II. Vatikanische Konzil und damit auch die Umsetzung von dessen Beschlüssen in die kirchliche Praxis.

Als Dr. Droste 1976 seinen 75. Geburtstag feierte, schrieb der „DOM“ über ihn: „In seiner Eigenschaft als Diözesanrichter führt Prälat Droste heute öfter die Untersuchungen in Ehenichtigkeitsprozessen. In seinen hohen Ämtern, die Prälat Dr. Droste zeit seines Lebens bekleidete und auch heute noch ausfüllt, war er den Paderborner Bischöfen stets ein treuer und gewissenhafter Diener, der von seiner Person kein Aufhebens machte. Der hervorragende Kenner des Kirchenrechtes war stets ein echter, naturverbundener Westfale mit tiefem Gespür für das Menschliche. Das ließ ihn so beliebt werden. Als Westfale ist ihm das Plattdeutsche übrigens sehr ans Herz gewachsen. Er spricht es immer mit seiner Haushälterin. Der Jubilar war stets nach eigenem Bekunden ein Optimist, der gern, besonders als Generalvikar, schon mal ein Auge zudrückte. ‚Und Pfarrer müssen auch Humor haben’, so der Jubilar.“

 

Dechant Josef Müller (1912 - 1980)

Die Anrede „Fußball-Pastor“ war für ihn immer eine Auszeichnung. Weit über Allendorf hinaus war er bekannt als Schiedsrichter und Torwart. Wann immer es seine Zeit zuließ, tauschte er die Soutane gegen den Fußballdress. Selbst als er die „Fünfzig“ überschritten hatte, hütete er noch das Tor der „Alt-Herren-Mannschaft“. Von 1957 bis 1980 war er Pfarrer in Allendorf und wurde als solcher nach dem alten verbrieften Pfarrerwahlrecht in Allendorf von den Wahlberechtigten aus drei Kandidaten gewählt.

Der Kirchenanbau und die Gestaltung des Kirchhofes, die Anlage des Ehrenmales auf dem Friedhof und die Erweiterung des Friedhofes fielen in seine Amtszeit. Er gründete die Kolpingsfamilie im Ort und gab den Anstoß zur Gründung der Frauen- und Müttergemeinschaft sowie des Frauenchores in Allendorf.

 

Ludwig Klute (1922 - 1997)

Ludwig Klute war anerkannter Fachmann der plattdeutschen Sprache im kurkölnischen Sauerland und als solcher Mitautor des „Plattdeutschen Wörterbuchs“ des Sauerländer Heimatbundes. Der Kreistagsabgeordnete wurde wegen seiner vielfältigen Verdienste Ehrenvorsitzender der CDU Sundern, der er etwa 700 neue Mitglieder zuführte. Sein soziales Engagement galt insbesondere Rußlanddeutschen, denen er Arbeitsplätze in Sunderns Industrie und auch Wohnungen besorgte. Als langjähriger Konrektor der Realschule Sundern war er als Pädagoge geschätzt und geachtet. Er übertrug alle Geschichten über „Lügen-Schmidt“ ins Plattdeutsche. Die Wiederbelebung des Brauchtums um den Krautpacken zu Mariä Himmelfahrt im August war ihm ein besonderes Anliegen.

Heinrich Weber (1927 - 1996)

Sein Humor und die Musik waren ihm selbst stets Lebenselexier. Seinen Zuhörern auf den zahllosen Hochzeits-, Vereins- und Geburtstagsfeiern im weiten Umkreis, auf denen „Weber-Heinz“ zum Tanz aufspielte und für lustige Unterhaltung sorgte, liefen nicht selten vor Vergnügen die Tränen durchs Gesicht, wenn „Kahl-Heinz“, wie er sich wegen seiner hohen Stirn selbst gern vorstellte, seine eigenen Gedichte mit der ihm eigenen Komik vortrug. Ein Teil seiner Gedichte ist festgehalten in „Mensch, lach doch mal!“, einem Buch, welches seine Familie 1997 aufgelegt hat. Gisbert Baltes, Sauerländer und Moderator beim WDR-Fernsehen und Rundfunk, präsentierte das Buch 1997 in Erinnerung an den Allendorfer mit viel Mutterwitz und Unterhaltungstalent.

 

Franz-Josef Hellweg (1928 - 1998)

Franz-Josef Hellweg ist der bis heute letzte Priester, der aus Allendorf hervorging. 1953 feierte er seine Primiz in der Allendorfer Kirche. Seelsorgerisch war er überwiegend in „Diaspora-Gemeinden“ tätig, davon überwiegend in Bünde/Herford. Dort errichtete Hellweg eine neue Kirche, die wegen ihrer Modernität und ihrer farbenfrohen Ausgestaltung weit über Bünde hinaus Aufmerksamkeit erregte.

 

Kaspar Lübke (1927 - 2001)

Ein liebenswürdiger, bescheidener, belesener und engagierter Allendorfer. Seine Verdienste um Allendorf sind vielfältig: Er gehörte zu den Gründern der Kolpingsfamilie in Allendorf und war deren Vorsitzender. Viele Jahre war er im Kirchenvorstand und Gemeinderat tätig und hat sich insbesondere bei der Kirchenerweiterung eingebracht. Aktiver Musiker im Musikverein über Jahrzehnte und Kenner der plattdeutschen Sprache.